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Die Mitglieder des Verwaltungsrats werden auf drei Jahre gewählt, sofern die Statuten nicht eine andere Amtsdauer zwischen einem und sechs Jahren bestimmen. So sieht es das Obligationenrecht vor, gemäss dem auch eine Wiederwahl zulässig ist (Art. 710 OR).
In der Praxis kann es vorkommen, dass die Wiederwahl oder Ersatzwahl der Verwaltungsratsmitglieder vergessen wird, insbesondere wenn die Amtsdauer ein Jahr übersteigt und daher nicht bei jeder ordentlichen Generalversammlung über die Abnahme der Jahresrechnung auch eine Wiederwahl oder Ersatzwahl vorgenommen werden muss. Auch wenn die Amtsdauer der verschiedenen Verwaltungsratsmitglieder infolge einer gestaffelten Wahl nicht zum selben Zeitpunkt endet, kann eine Wiederwahl bzw. Ersatzwahl schnell vergessen werden. In selteneren Fällen wird die Wiederwahl oder Ersatzwahl absichtlich nicht traktandiert, z.B. wenn die Aktionäre zerstritten sind.
In solchen Fällen stellte sich bisher die Frage, ob von einer stillschweigenden Verlängerung der Amtsdauer ausgegangen werden kann bzw. muss. Diese Frage war in der Lehre umstritten.
Das Bundesgericht hat nun erstmals entschieden, dass es keine stillschweigende Verlängerung der Amtsdauer von Verwaltungsratsmitgliedern gibt (BGE 148 III 69). Vielmehr endet das Amt des Verwaltungsrates mit Ablauf des sechsten Monats nach Schluss des betreffenden Geschäftsjahres, wenn keine ordentliche Generalversammlung durchgeführt oder die Wahl des Verwaltungsrates (absichtlich oder unabsichtlich) nicht traktandiert wurde. Denn das Obligationenrecht schreibt vor, dass die ordentliche Generalversammlung alljährlich innerhalb von sechs Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres stattfinden muss (Art. 699 Abs. 2 OR). Zudem würde laut Bundesgericht ansonsten das Wahlrecht der Aktionäre beeinträchtigt (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 2 OR).
Zwar seien die zuletzt gewählten Verwaltungsratsmitglieder, die trotz fehlender Wiederwahl weiter fungieren, als faktische Organe zu qualifizieren, unterstehen gemäss Bundesgericht somit weiterhin der Organhaftung (Art. 754 OR). Auch dürfen Dritte grundsätzlich auf den Handelsregistereintrag vertrauen, soweit ihnen nicht positiv bekannt ist, dass die Amtszeit der eingetragenen Verwaltungsratsmitglieder geendet hat.
Statt einer stillschweigenden Verlängerung der Amtsdauer liegt gemäss Bundesgericht nach Ablauf der Frist vielmehr ein Organisationsmangel vor. Dieser ist durch ein Nachholen der verpassten Wahl zu beseitigen.
In einem neueren Entscheid (4A_387/2023, 4A_429/2023) hat das Bundesgericht nun entschieden, dass nicht rechtzeitig wiedergewählte Verwaltungsratsmitglieder nicht mehr befugt sind, eine Generalversammlung einzuberufen, auch nicht beschränkt auf das Nachholen der verpassten Wiederwahl der entsprechenden Verwaltungsratsmitglieder. Sämtliche Beschlüsse, die von Generalversammlungen gefasst werden, zu denen ein nicht rechtzeitig wiedergewähltes Verwaltungsratsmitglied eingeladen hat, seien nicht bloss anfechtbar, sondern nichtig. Die Nichtigkeit solcher Generalversammlungsbeschlüsse kann von jedem, der ein entsprechendes Rechtsschutzinteresse hat, jederzeit geltend gemacht werden.
Gleichzeitig hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Amtsdauer der Revisionsstelle im Unterschied zum Verwaltungsrat erst mit der Abnahme der letzten Jahresrechnung ihrer Amtsperiode endet (Art. 730a Abs. 1 OR).
Diese Rechtsprechung hat weitreichende Konsequenzen insbesondere für KMU, wo die Wiederwahl der Mitglieder des Verwaltungsrats nicht selten vergessen wird oder zumindest nicht innerhalb der sechs Monate nach Abschluss des entsprechenden Geschäftsjahres erfolgt.
Um die harten Konsequenzen zu vermeiden, die sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichts ergeben können, gibt es eine Reihe von Empfehlungen.
Nach der formell korrekten Wiederwahl (oder allenfalls Ersatzwahl) des Verwaltungsrats sollten allfällige zwischenzeitlich ergangene Beschlüsse von Generalversammlungen, zu denen ein nicht rechtzeitig wiedergewähltes Verwaltungsratsmitglied eingeladen hatte wegen Nichtigkeit wiederholt werden (nicht wiederholt werden müssen Beschlüsse, die an einer Universalversammlung gefasst wurden).
Gleiches gilt für zwischenzeitlich ergangene Verwaltungsratsbeschlüsse, die konsequenterweise ebenfalls als nichtig qualifiziert werden müssen. Wurde die Wiederwahl nicht aller Verwaltungsratsmitglieder vernachlässigt, muss die Gültigkeit entsprechender Verwaltungsratsbeschlüsse im Einzelnen analysiert werden.
Autor: Thomas Steiner-Krizaj
Avocat
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