Wiederholt wurden in der Vergangenheit Bemühungen unternommen, die Umsatzabgabe abzuschaffen. Bis heute ohne Erfolg. Die Einnahmen des Bundes aus der Umsatzabgabe sind zwar im Vergleich zu anderen Steuern verhältnismässig gering, nominal betrachtet aber dennoch erheblich: so erzielte der Bund in den Jahren 2020 bis 2022 mit der Umsatzabgabe einen Ertrag von jährlich rund CHF 1.5 Milliarden. Im Jahr 2023 sank dieser auf rund CHF 1.16 Milliarden, aber für 2024 wird wieder ein deutlich höherer Ertrag von rund CHF 1.4 Milliarden geschätzt – ein Schelm, wer böses denkt.
Oder liegt das wieder ansteigende höhere Steueraufkommen aus der Umsatzabgabe daran, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), motiviert durch einige Gerichtsentscheide der letzten Jahre, wieder verstärkte Bemühungen an den Tag legt, diese Steuer zu erheben? Grund genug, dieser Thematik im Rahmen des diesjährigen Steuerupdates einen eigenen Beitrag zu widmen.
Grundlagen
Der Bund erhebt gemäss Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (Stempelgesetz) auf dem Umsatz in- und ausländischer Aktien, Stammanteile von Gesellschaft mit beschränkter Haftung, von einem Inländer ausgegebenen Obligationen oder Anteilen an kollektiven Kapitalanlagen eine Steuer, sofern es hierbei um entgeltliche Übertragungen der Titel handelt, und sofern ein inländischer Effektenhändler Vertragspartei oder Vermittler ist. Der Effektenhändler ist verpflichtet, die auf dem Entgelt der übertragenen Urkunde berechnete Abgabe (1.5 Promille für inländische und 3 Promille für ausländische Urkunden) zu leisten. Ob der Effektenhändler diese selber trägt, oder ob er diese, z.B. gestützt auf einen Vermögensverwaltungsvertrag oder im Rahmen eines Kauf- oder Verkaufsvertrags auf eine andere Partei abwälzen kann, sagt das Gesetz nicht, sondern ist der Disposition der jeweiligen Parteien überlassen. Die Abgabe ist aber in jedem Fall nur dann geschuldet, sofern das sie auslösende Rechtsgeschäft zustande kommt. Man spricht daher häufig auch von einer Rechtsverkehrssteuer bzw. genauer, aufgrund des spezifischen Abgabeobjekts, von Kapitalverkehrssteuer.
Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes zu stärken (bzw. nicht allzu sehr zu schwächen), hat der Gesetzgeber verschiedene Ausnahmen von der Umsatzabgabe vorgesehen, welche mithin an den an einer Transaktion beteiligten Parteien anknüpft. Zu den ausgenommenen Parteien gehören mithin inländische und ausländische kollektive Kapitalanlagen, ausländische Einrichtungen der beruflichen Vorsorge oder auch ausländische Banken sowie ausländische börsenkotierte Gesellschaften. Sie sind mit Bezug auf von ihnen oder für sie getätigte Umsatzgeschäfte von der auf sie entfallenden halben Abgabe befreit.
Agiert ein Effektenhändler mit anderen Worten bspw. als Vermittler eines Wertschriftengeschäfts zwischen einem Fonds und einer privaten Partei, etwa im Fall des Verkaufs einer Beteiligung an einem Unternehmen an einen Private Equity Fonds, hat der Effektenhändler nur eine halbe Abgabe, jene für die private Partei, abzurechnen.
Die jüngere und jüngste Rechtsprechung
Während in der Praxis meist relativ klar ist, wer Vertragspartei ist, fragt sich oft, ob eine Person ein so genannter Vermittler ist und dadurch erst zum abgabepflichtigen Effektenhändler wird (Art. 13 Abs. 3 lit. b Ziff. 2 Stempelgesetz), und ob im konkreten Fall die Beteiligung eines solchen Effektenhändlers tatsächlich als Vermittlung qualifiziert. Während das Gesetz diesbezüglich keine Legaldefinition enthält, sondern im Wesentlichen auf den allgemeinen Sprachgebrauch der Vermittlung abstellt, haben das Bundesgericht bzw. das Bundesverwaltungsgericht in zwei Entscheiden aus dem Jahr 2021 versucht, etwas Klarheit zu schaffen. Das ist den Gerichten nur teilweise gelungen. Mit einem am 31. Oktober 2024 ergangenen Entscheid zur Frage, ob ein so genannter Einanlegerfonds als befreiter Anleger qualifiziert oder nicht, hat das Bundesverwaltungsgericht wiederum der ESTV Recht gegeben und dem Fonds die Befreiung abgesprochen. Hierauf wird unten noch zurückzukommen sein.
1. Qualifikation als Vermittler
Zunächst ist auf den Begriff des Vermittlers im Sinne von Art. 13 Abs. 3 lit. b Ziff. 2 Stempelgesetz einzugehen: das Bundesverwaltungsgericht qualifizierte mit Entscheid vom 23. November 2021 (A-5038/2020) einen M&A-Berater als Vermittler und damit als Effektenhändler im Sinne des Stempelgesetzes. Gemäss der genannten Norm wird zum Effektenhändler, wessen Tätigkeit ausschliesslich oder zu einem wesentlichen Teil darin besteht, als Anlageberater oder Vermögensverwalter Kauf und Verkauf von steuerbaren Urkunden zu vermitteln.
Das Bundesverwaltungsgericht legte den Begriff des Anlageberaters weit aus (der Begriff des Vermögensverwalters dürfte in den meisten Fällen klar sein), indem es festhielt, Anlageberater sei, wer bezüglich Geschäften mit steuerbaren Urkunden berate. Auch der Begriff der Vermittlung wird diesbezüglich weit ausgelegt. Gemäss Bundesverwaltungsgericht ist lediglich entscheidend, ob der Vermögensverwalter oder Anlageberater wie ein Nachweis- oder Vermittlungsmäkler handelt. Ob er gestützt auf eine Vollmacht handelt oder den Auftraggeber ohne Entscheidkompetenz beim Verkaufsprozess unterstützt, ist für das Gericht nicht von Belang. Lediglich eine reine Beratungstätigkeit wie bspw. die Bewertung eines Zielobjekts, die Durchführung von Due Diligences oder die Rechtsberatung vermögen nicht als Vermittlung zu qualifizieren.
Während zwar auch beim M&A-Berater diese eigentlichen Beratungsfunktionen typischerweise im Vordergrund stehen dürften, entfällt aber wohl doch auch in beschränktem Umfang ein Teil seiner Tätigkeit auf die Beratung im Hinblick auf das Zustandekommen des Vertrags. Damit stellt sich die Frage nach der Bedeutung der Wesentlichkeit. Auch hier zeigte sich das Bundesverwaltungsgericht grosszügig, indem es die Auffassung der ESTV bestätigte, dass es für die Erfüllung des Kriteriums der Wesentlichkeit bereits ausreicht, dass die Vermittlung von steuerbaren Urkunden zum eigentlichen Geschäftsbereich des M&A-Beraters gehört und nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei sodann angemerkt, dass etwa ein Tätigwerden des Vermittlers für unabhängige Dritte, d.h. eine Art Marktauftritt, ebenfalls nicht erforderlich ist. So fallen selbst so genannte Single Family Offices, welche lediglich das Vermögen ihres Prinzipals verwalten, unter den Begriff des Vermittlers und werden somit abgabepflichtig,. Dasselbe gilt für konzerninterne Managementgesellschaften. Bei dieser weiten Auslegung des Begriffs des Vermittlers dürfte manch eine juristische oder auch natürliche Person als Effektenhändler qualifizieren, die sich dies, ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch des Vermittlers, bisher so nicht bewusst war.
2. Voraussetzung der Vermittlung
Die Umsatzabgabepflicht auf einer konkreten Transaktion steuerbarer Urkunden entsteht freilich nur, wenn der Vermittler auch tatsächlich vermittelt. Ist ein Effektenhändler in anderer Weise in eine Transaktion involviert, z.B. ausschliesslich als Berater oder lediglich mit Bezug auf den Vollzug des ohne ihn zustande gekommenen Geschäfts, löst seine Beteiligung keine Umsatzabgabepflicht aus.
Das Bundesgericht hielt in seinem Entscheid vom 25. Februar 2021 (2C_638/2020) fest, Vermittlung liege dann vor, wenn der Effektenhändler wie ein Nachweismäkler oder wie ein Vermittlungsmäkler im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf die Abschlussbereitschaft der anderen Vertragspartei einwirkt. Konkret brauche es einen "psychologischen Zusammenhang" zwischen den Handlungen des Effektenhändlers und dem Abschluss des Vertrags.
Der Entscheid ist vor allem für schweizerische Konzernobergesellschaften gefährlich: diese qualifizieren oft als Effektenhändlerinnen, da ihre Aktiven in der letzten Bilanz zu mehr als CHF 10 Millionen aus steuerbaren Urkunden, z.B. eben Beteiligungen an operativen Gesellschaften, bestehen (Art 13 Abs. 3 lit. d Stempelgesetz). Wirkt dann ein Verwaltungsrat oder Geschäftsleitungsmitglied dieser Konzernobergesellschaft an einer Transaktion einer ihrer Gruppengesellschaften mit, z.B. am Erwerb einer zusätzlichen Beteiligung, so handelt diese Obergesellschaft als Nachweismäklerin und löst damit die Umsatzabgabe aus.
3. Einanlegerfonds als befreiter Anleger
Abschliessend ist noch kurz auf das bereits erwähnte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2024 (A-4733/2022) einzugehen: im (gegenwärtig beim Bundesgericht angefochten) Entscheid prüfte das Gericht, ob ein liechtensteinischer Einanlegerfonds als befreiter Anleger qualifiziert, oder nicht. Wie bereits erwähnt, kam das Gericht zum Schluss, er qualifiziere nicht.
Der Entscheid ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: so ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass Liechtenstein aufgrund des Zollvertrags zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein vom 29. März 1923 (auch) für Stempelabgabezwecke als "Inland" gilt. Entsprechend kommen auch für liechtensteinische Vermögensverwalter, Fondsverwalter und Anlageberater die schweizerischen Bestimmungen zur Anwendung und ist auch die ESTV für die Prüfung und Beurteilung der Abgabepflicht bzw. die Erhebung der Umsatzabgabe zuständig. Selbstverständlich kommt der Ertrag aus Abgaben liechtensteinischer Effektenhändler dem Fürstentum zu Gute.
Im dem Bundesverwaltungserichtsentscheid zu Grunde liegenden Fall ging es indessen nicht um die Abgabepflicht des Effektenhändlers, sondern darum, ob ein Einanlegerfonds, der nach liechtensteinischem Finanzmarktrecht ausdrücklich zulässig ist, anders als nach dem einschlägigen Schweizer Recht, als ausländische kollektive Kapitalanlage qualifizierte. Das Gericht entschied nach Vornahme einer eindrücklichen Auslegeordnung, da der Fonds keine Entsprechung im schweizerischen Recht finde, könne er nicht unter den Tatbestand der befreiten Anleger subsumiert werden; oder präziser ausgedrückt: die Schweizer Effektenhändlerin, welche für den Fonds grundsätzlich abgabepflichtige Transaktionen mit steuerbaren Urkunden vornahm, hätte nicht in einen schweizerischen Einanlegerfonds investieren können. Folge davon war, dass die Schweizer Effektenhändlerin auf allen Transaktionen, welche sie für bzw. mittels des Liechtensteiner Fonds getätigt hatte, im Nachhinein die Umsatzabgabe entrichten musste.
Obschon das Bundesverwaltungsgericht dies in Abrede stellt, ist es, wie zuvor die ESTV, von der Praxis, welche die ESTV selber in ihrem Entscheidungsbaum in Anhang VI des Kreisschreibens Nr. 24 vom 20. November 2017 publiziert hatte, abgewichen. Gemäss diesem Entscheidungsbaum qualifizieren nämlich liechtensteinische Einanlegerfonds grundsätzlich als ausländische kollektive Kapitalanlagen für Schweizer Steuerzwecke und mithin als befreite Anleger, wenn sie in Liechtenstein einer Aufsicht unterstehen. Dies ist bei den liechtensteinischen Einanlegerfonds grundsätzlich der Fall. Das Bundesverwaltungsgericht hätte sich damit durchaus mit den Voraussetzungen einer Praxisänderung auseinandersetzen müssen. Mit dem nun vorliegenden Entscheid bleibt unklar, ob jeglichem ausländischen Einanlegerfonds die Anerkennung als ausländische kollektive Kapitalanlage und damit die Befreiung von der Umsatzabgabe verwehrt wird, oder ob sich der Entscheid lediglich, aber immerhin, auf den konkreten Sachverhalt bezog, in welchem eine Schweizer Aktiengesellschaft beabsichtigt hatte, ihre Wertschriftentransaktionen über den Mantel eines liechtensteinischen Einanlegerfonds ohne Umsatzabgabe zu tätigen.
Schlussfolgerungen
Im Sinne eines Fazits bleibt festzuhalten, dass die Umsatzabgabe oftmals als "Wolf im Schaftspelz" daherkommt: Wer sich mit dem Kauf oder der Vermittlung steuerbarer Urkunden beschäftigt, sollte genau prüfen, ob er als Effektenhändler qualifiziert. Ist diese Voraussetzung erfüllt, muss er sich Rechenschaft geben, in welcher Weise er genau an solchen Transaktionen mitwirkt. Besteht zwischen seinem Tun und dem Zustandekommen des Geschäfts ein 'psychologischer Zusammenhang', so hat er grundsätzlich die Umsatzabgabe zu entrichten. Und bei der Prüfung, ob es sich bei einer Vertragspartei um einen befreiten Anleger handelt, ist schliesslich Vorsicht angezeigt, wie das Beispiel des Einanlegerfonds zeigt; nur weil der Fonds im Errichtungsstaat als solcher zulässig ist, ist damit zumindest nach Auffassung der ESTV noch nicht gesagt, dass für diesen getätigte Transaktionen auch von der Umsatzabgabe befreit sind. Gerade Family Offices sollten sich sehr genau mit all diesen Voraussetzungen bzw. Einschränkungen beschäftigen.
Autor: Christoph Niederer